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KW28 - Ein Pfosten kommt groß hinaus

Wenn wir uns im Westerwald umsehen, was ist eigentlich charakteristisch für unsere Landschaft? Klar werden Sie jetzt sagen, die Wälder. Heißt ja auch WesterWald. Aber schauen wir einmal weiter. Unsere Landschaft ist geprägt von Wiesen, Weiden, Äckern, Bächen und Gewässern sowie Streuobstwiesen, Gehölzen und Hecken. Und dazwischen? Zäune! Nicht nur im Dorfgebiet sind Zäune allgegenwärtig, auch im Außenbereich prägen sie unser Landschaftsbild. Engmaschige Knotengitterzäune oder Maschendrahtzäune können negative Einflüsse haben. Durch solche Zäune reduzieren wir unseren tierischen Mitbewohnern Stück für Stück ihren Lebensraum oder schneiden ihnen wichtige Wanderrouten von einem in den anderen Lebensraum ab. Tatsächlich ist eine solche Umzäunung im Außenbereich sogar verboten. Dabei sollen Zäune hier auf keinen Fall generell verteufelt werden. Erfüllen Sie bestimmte Kriterien, sind Sie sogar unglaublich hilfreich.

Zum Beispiel als Verbissschutz um schützenswerte Streuobstwiesen. Was genau das ist? Eine Streuobstwiese ist eine Ansammlung von Obstbäumen unterschiedlichen Alters und Sorten. Die Bäume stehen hier so weit auseinander, dass jeder Baum genug Platz und Licht zum Wachsen hat. Streuobstwiesen sind wertvoller Bestandteil einer artenreichen Kulturlandschaft. Schätzungen zufolge leben und wachsen zwischen 3.000 und 5.000 verschiedene Tiere und Pflanzen auf diesen. Außerdem werden Bäume nicht umsonst als die Lunge der Natur bezeichnet. Bei der Photosynthese filtern sie klimaschädliches Kohlenstoffdioxid aus der Luft und zerspalten es u.a. in Sauerstoff. Damit ermöglichen die pflanzlichen Titanen jedem von uns das Leben auf unserem Planeten. Ein Grund mehr ihnen den nötigen Respekt entgegen zu bringen.

Was kann ich tun?

Die richtige Umzäunung macht`s! Wie darüber haben Sie sich noch nie Gedanken gemacht? Lohnt sich vielleicht mal! Anstatt unsere Wiesen und Weiden mit den mobilen Plastikstäbchen zu verzieren, kann ein traditioneller fester Zaun aus Eichenspaltpfosten für die Anbringung der Elektrolitze die Lösung sein. Was den Unterschied macht? Schauen Sie sich einmal in unserer Landschaft um. In unserer ausgeräumten Landschaft bilden Zäune aus Eichenspaltpfosten Kleinstrukturen und Lebensräume für die vom Klimawandel gebeutelten Insekten der Region. Nach aktuellen Kenntnissen geht man davon aus, dass bei einer 1,5°C Erderwärmung 6% aller Insekten die Hälfte ihres Lebensraums verlieren - bei 2 °C sogar unglaubliche 18%!!! Hier ist also jede Maßnahme - und seien es ein paar Zaunpfosten in der Landschaft - wichtig, die unserer heimischen Insektenwelt helfen kann. Vor allem die Altgrasstreifen zwischen den Pfosten sind beliebter Überwinterungsraum für Raupenlarven, Schmetterlinge oder Niederwild. Im Sommer sind sie wichtige Sitzwarten für etliche Wiesenvögel, wie Goldammer, Braunkehlchen oder Neuntöter, die von diesen erhöhten Sitzpositionen bestmöglich auf Nahrungssuche in die unmittelbar um den Pfosten befindliche Altgrasstreifen und Wiesenbereiche starten können. Ohne solche Ansitzwarten sinkt der Jagderfolg drastisch ab. Aber auch die Spaltenpfosten an sich stellen Nist-, Entwicklungs-, Nahrungs- oder Überwinterungshabitate dar. Zu beobachten an der Vielzahl von Bohrlöchern, in denen sich holzbewohnende Käferlarven entwickeln oder den Flechten und Moosen die diese schmücken. Klingt doch nach einer guten Sache. Klar, mobile Zäune, die sich variabel Auf- und Abbauen lassen, haben auch ihre Vorteile, aber sollten Sie selbst einen Zaun in unserer Landschaft besitzen, denken Sie doch mal darüber nach, ob an der einen oder anderen Stelle ein fester Zaun nicht auch seinen Zweck erfüllen würde.

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Dipl.- Biol. Philipp Schiefenhövel